mercredi 16 décembre 2015

Andere Massstäbe
Gedanken zum Advent



Saul, der erste König von Israel, ist gescheitert. Er folgte seinen eigenen Machtgelüsten und tat nur das, was ihn selber vorwärtsbrachte – ohne Rücksicht auf das Volk und auch ohne Rücksicht auf die Weisungen Gottes. So schickte denn Gott seinen Propheten Samuel nach Bethlehem – einen ziemlich unbedeutenden Ort – um dort einen der Söhne Isais zum König salben. Samuel machte sich auf ohne zu wissen, wer von den Söhnen es sein sollte (vgl. 1 Samuel 16,1-13).
Im Auftrag Gottes lud er das ganze Dorf zum Opfer und zum anschliessenden Fest-Mahl ein. Besondere Gäste waren natürlich die Mitglieder der Sippe Isais. Dieser kam mit seinen erwachsenen Söhnen und stellte sie dem Propheten vor. Einer stattlicher und imponierender als der andere, und bei jedem dachte sich Samuel: Das muss er sein! Und jedes Mal sagte ihm Gott: Nicht den habe ich erwählt!
Samuel erging es wie allen Menschen, wenn sie an einen König denken: Er muss gross und stattlich und mächtig sein, er muss imponieren und sich durchsetzen können. Sozialkompetenz ist gefragt, so nennt man das heute. Für Samuel wäre eigentlich jeder der sieben Söhne in Frage gekommen, aber bei jedem musste er von Gott das gleiche hören: Nicht der ist’s, den ich meine.
Samuel war ratlos, ist er doch geschickt worden, einer der Söhne Isais zum König zu salben. Darum fragte er Isai: Sind das alle deine Söhne? Der antwortete: Ja… schon…, das heisst der Jüngste, David, fehlt; der hütet gerade die Schafe. Samuel sagte zu Isai: Lass ihn holen; wir wollen uns nicht zum Mahl hinsetzen, bevor er da ist.
Isai schickte also jemand hin und ließ ihn kommen. Kaum stiess David zur Runde, sagte die Stimme zu Samuel: Auf, salbe ihn! Er ist es.
Offensichtlich steht Gott auf der Seite derer, die für die Menschen gar nicht zählen, auf der Seite derer, die schnell in Vergessenheit geraten, weil sie zu jung, zu unscheinbar, zu unbedeutend sind. Wir schauen auf das Imponierende, auf das Tüchtige und Mächtige. Bei Gott ist es nicht so.
Die vorweihnachtliche Zeit kündet sich bereits an: Die Hirten sollen den Neugeborenen, den Messias, nicht in einem übermächtigen Potentaten suchen, sondern in einem obdachlosen Kind, das in einem Futtertrog liegt. Der Gott, von dem wir reden: Er lässt sich nicht finden, es sei denn, wir beugen uns und suchen ihn im Kleinen und Geringen und Verachteten.
Das muss gelernt sein. Die Zeit dafür ist da.
Hermann-Josef Venetz


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