lundi 27 juillet 2015

Die Sache mit dem Neuen Bund
Maximino Cerezo Barredo

Im alten Israel betrachteten Theologen und Propheten das Verhältnis zwischen Gott und dem Volk als Bund. Ich will euer Gott sein, und ihr sollt mein Volk sein – so lautet das Kernstück dieses Bundes (vgl. u.a. Exodus 6,7). Für Israel bedeutete das, dass es sich zur Treue gegenüber Gott verpflichtet, d.h. dass es sich einsetzt für Recht und Gerechtigkeit, Witwen und Waisen nicht einfach sich selbst überlässt, Fremden und Flüchtlingen Raum gibt, die Gewinnmaximierung nicht zum einzigen Kriterium der Wirtschaft erklärt oder auch – ganz einfach – sich an die Zehn Gebote hält.
Hier setzt denn auch die Zurechtweisung der Propheten ein, wenn das Volk sein Elend beklagt, wie z. B. im Babylonischen Exil. „Nicht weil Gott euch vergessen hat, wurdet ihr deportiert, nicht weil Gott vertragsbrüchig ist, liegen Jerusalem und der Tempel in Schutt und Asche, sondern weil ihr euch nicht an die Abmachungen des Bundes haltet“ – so ungefähr reagierten die Propheten.
Der Prophet Jeremia fragte sich, wie denn ein Gottesbund aussehen müsste, damit er vom Volk nicht mehr gebrochen wird. Und er kam dabei auf eine bemerkenswerte Idee (31,31-34):
Seht, es werden Tage kommen – so spricht der Ewige –, in denen ich mit dem Haus Israel und dem Haus Juda einen neuen Bund schließen werde, nicht wie der Bund war, den ich mit ihren Vätern geschlossen habe und den sie gebrochen haben… So wird der Bund sein, den ich nach diesen Tagen mit dem Haus Israel schließe: Ich lege mein Gesetz in sie hinein und schreibe es auf ihr Herz. Ich werde ihr Gott sein, und sie werden mein Volk sein. Keiner wird mehr den andern belehren, man wird nicht zueinander sagen: Erkennt Gott!, sondern sie alle, klein und groß, werden mich erkennen… Denn ich verzeihe ihnen die Schuld, an ihre Sünde denke ich nicht mehr.
Etwas wirklich Neues. Nicht mehr ein Gesetz, das von aussen kommt,  soll der Bezugspunkt dieser Beziehung sein. Gott will das Gesetz in die Menschen hineinlegen, ja ihnen in ihr Herz schreiben, so dass sein Anliegen ganz und gar und bis ins Innerste hinein ihr Anliegen werde, eine Du-zu-Du-Beziehung, die keine Mittler, kein Lehramt, keine Prediger mehr braucht. Alle, klein und gross werden ihn erkennen, d.h. ihm mit ganzem Herzen zugetan sein.
Völlig neue Perspektiven! Aber – für wen? und für wann?
Gott hat seinen Bund mit Israel nie aufgekündigt oder ein anderes Volk zu seinem Volk gemacht. Nach unserem Text sagt Gott zweimal ausdrücklich, er werde mit dem Haus Israel und dem Haus Juda den neuen Bund schliessen. Paulus konnte es deutlicher nicht sagen: Gott hat sein Volk nicht verstossen, das er einst erwählt hat (Römerbrief 11,2). Israel ist und bleibt das Volk Gottes. Und es wäre völlig verfehlt zu sagen, die christliche Kirche sei an die Stelle Israels getreten. Kann denn die christliche Kirche von sich behaupten, an ihr sei die Verheissung des Neuen Bundes in Erfüllung gegangen? Tragen wir Christinnen und Christen die Weisungen Gottes wirklich in unseren Herzen? Ist sein Anliegen ganz und gar unser Anliegen?
Der Traum Gottes ist bisher weder an Israel noch an den christlichen Kirchen voll in Erfüllung gegangen. Aber weil es der Traum Gottes, die Verheissung Gottes ist, können wir sicher sein, dass der Traum sich verwirklicht, dass die Verheissung sich erfüllt, und zwar jetzt schon – wenn auch nur umrisshaft – an Israel, seinem erstgeborenen Sohn (Exodus 4,22), dann an denen, die sich zum Messias Jesus bekennen und sein Kommen ersehnen, und schliesslich an der ganzen Welt. Denn sowohl Israel wie auch die Kirchen haben – solange sie bestehen – den einen, gemeinsamen Auftrag: die Grosstaten und die Treue Gottes zu verkünden bis ans Ende der Welt (vgl. 1. Petrusbrief 2,9).
Hermann-Josef Venetz

Aucun commentaire:

Enregistrer un commentaire