vendredi 5 juin 2015

Licht und Brot
Eberhard Münch
 Während die anderen Evangelien davon berichten, dass im Zentrum der Botschaft Jesu das Reich Gottes steht, spricht Jesus im Johannesevangelium hauptsächlich von sich selbst. Nirgends sonst finden wir so viele Ich-bin-Worte, wie im Johannesevangelium: Ich bin das Brot des Lebens, ich bin das Licht der Welt, ich bin der Gute Hirt, ich bin die Auferstehung, ich bin der wahre Weinstock, ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben. Mit solchen Aussagen brachten die Christinnen und Christen, die hinter dem Johannesevangelium standen, ihren Glauben an den Messias Jesus zum Ausdruck.
Ist es aber wirklich so, dass sich Jesus mit diesen Aussagen ins Zentrum stellen wollte, gewissermassen an die Stelle Gottes? Sehen wir die eine oder andere dieser Aussagen etwas näher an.
Ich bin das Licht der Welt. Wenn wir in einem dunklen Raum sind, zünden wir das Licht an, nicht um ins Licht zu starren; es würde uns ja nur blenden. Wir zünden das Licht an, damit wir die Leute und die Gegenstände um uns herum besser sehen können.
Ich bin das Brot des Lebens. Das Brot ist uns nicht gegeben, dass wir es aufbewahren oder ausstellen, sondern dass wir davon essen, es teilen und dafür sorgen, dass alle zu leben haben.
Ich bin der Weg. Der Weg ist nicht da, damit wir darauf stehen bleiben und ihn gar bewundern, sondern dass wir darauf weitergehen, um dem Nächsten, besonders dem Leidenden und Fremden entgegen zu gehen.
Mit all diesen Ich-bin-Aussagen stellt Jesus nicht sich selbst in den Mittelpunkt. Er bietet sich als Hilfe an, damit wir die Not unserer Mitmenschen besser sehen und ihnen selbst zum Licht, zum Brot und zum Weg werden.
Im gleichen Johannesevangelium sagt Jesus von sich selbst: Ich bin gekommen, damit ihr Leben habt, Leben in Fülle (Johannes 10,10). Und von dieser Fülle sollen all unsere Mitmenschen etwas mitbekommen. Auch und gerade durch uns.

Hermann-Josef Venetz


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