samedi 21 janvier 2012


Gott ist grösser

Es besteht kein Zweifel: Dogmen sind von unschätzbarem Wert; zu bestimmten Zeiten waren sie für den Fortbestand der Kirche geradezu notwendig. Sie geben uns heute noch Einblick in das Ringen unserer Glaubensväter und Glaubensmütter um die richtige sprachliche und auch symbolische Ausgestaltung dessen, was ihnen und uns das Kostbarste war und ist: der Glaube.

Indessen müssen wir uns vor Missverständnissen hüten.

1. Auch noch so schön und richtig formulierte Dogmen werden das, was Gott den Menschen sein und sagen möchte, nie in der ganzen Fülle zum Ausdruck bringen können. Menschliche Sprache und menschliche Symbole werden hinter dem, was eigentlich gemeint ist, immer zurückbleiben.

2. Die Dogmen, d.h. die sprachliche Ausgestaltung unseres Glaubens, sollten nicht mit dem Glauben selbst verwechselt werden. Glaube hat etwas mit persönlicher Beziehung zu tun, mit festem Vertrauen und liebender Hingabe. Dogmen wollen uns helfen, diese Beziehung besser zu verstehen, das Vertrauen zu festigen und die Hingabe intensiver zu leben. Die Dogmen selber und das »Haben« dieser Dogmen ersetzen weder den Glauben noch das Vertrauen noch die Liebe.

3. So können die Dogmen auch Gott nicht ersetzen. Genau genommen glauben Christinnen und Christen nicht an Dogmen; sie glauben an den Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs…, an den Messias Jesus, an den Heiligen Geist… Gott wird – so hoffen wir – immer grösser sein als unsere Dogmen, auch immer grösser als unser Verstehen und grösser als unser Herz. Wer Gott in Dogmen zwängen will, stellt die Dinge auf den Kopf: statt dass er sich vertrauensvoll Gott anheim gibt, versucht er, Gott unter Kontrolle zu bringen und über ihn zu verfügen.

4. Und ein Letztes. Wer um das Geschenk des Glaubens weiss, wird sich hüten, über den Glauben anderer zu urteilen. Prüfstein des Glaubens sind nicht die Dogmen, so wichtig sie auch sind; Prüfstein des Glaubens wird immer die Liebe sein, die Treue, die Nachsicht, die Verantwortung.

Hermann-Josef Venetz


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