samedi 17 décembre 2011

»…denn sie fanden keine Unterkunft« (Lukas 2,7)

Als wir als Kinder damals zu Hause oder in der Schule die Weihnachtsgeschichte als Theater oder Singspiel aufführten, wurde dieser kleine Nebensatz zur spannendsten Sequenz des gesamten Krippenspiels. Das »heilige Paar«, fremd in jener Gegend, die junge Frau kurz vor der Niederkunft, ging von Haus zu Haus, von Tür zu Tür, klopfte zaghaft an, bat mit zitternder Stimme um Unterkunft, und jedes Mal kam die gleiche schroffe, bestimmte, abweisende Antwort: »Kein Platz! Geht anderswo hin!«

Dabei ging es ja nicht um die Abweisung des Christkinds oder des Sohnes Gottes – sonst hätte man sich die Sache noch einmal überlegen können. Es ging um die Abweisung von Fremden. Und Fremde – das weiss man doch – sind Schmarotzer, unterhöhlen das mühsam aufgebaute Sozialsystem und immer haftet an ihnen etwas Kriminelles. Das war damals nicht anders als heute.

Das wussten auch die Propheten, das wusste auch die Gesetzgebung im Alten Testament. Kaum eine andere Menschengruppe wurde so eindringlich der Fürsorge der Mitbürgerinnen und Mitbürger anvertraut wie die Fremden – zusammen mit den Witwen und Waisen. Und daran hielt sich auch der Mann aus Nazaret, dem gerade diese Menschen besonders ans Herz gewachsen waren, so dass er sich sogar – zum Ärger der »besseren Leute« – zu ihnen an den Tisch setzte. Ja noch mehr: Er identifizierte sich ausgerechnet und ausdrücklich mit ihnen: Ich war fremd, und ihr habt mich nicht aufgenommen...; und: Was ihr den Fremden nicht getan habt, das habt ihr auch mir nicht getan.

Grosse Nachhaltigkeit haben weder die Aufrufe der Propheten noch die alttestamentlichen Weisungen, weder der Prophet Jesus noch unsere beliebten Krippenspiele. Die Ausschaffungsinitiative und die Opposition gegen Asylunterkünfte in unseren Gemeinden wissen davon ein Lied zu singen. Ein trauriges Lied.

Hermann-Josef Venetz


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